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Friedensnobelpreis für Aktivisten in Belarus, Russland und der Ukraine
Der Friedensnobelpreis ist in diesem Jahr ein Signal in Richtung des vom Ukraine-Krieg erschütterten Osteuropa: Das Nobelkomitee verlieh die renommierte Auszeichnung am Freitag in Oslo an den belarussischen Politiker und Menschenrechtsaktivisten Ales Bjaljazki, die russische Menschenrechtsorganisation Memorial und die ukrainische Menschenrechtsorganisation Zentrum für bürgerliche Freiheiten (CCL). Die Preisträger hätten einen "außergewöhnlichen Beitrag" dazu geleistet, Kriegsverbrechen, Menschenrechtsverletzungen und Machtmissbrauch zu dokumentieren, sagte die Vorsitzende des Komitees, Berit Reiss-Andersen, in ihrer Begründung.
Das Komitee wolle mit dem Preis "drei herausragende Vorkämpfer für Menschenrechte, Demokratie und friedliche Koexistenz in den drei Nachbarländern Belarus, Russland und der Ukraine ehren", sagte Reiss-Andersen. Bjaljazki und die in Russland seit Ende 2021 verbotene Organisation Memorial sowie das CCL bewiesen gemeinsam "die Bedeutung der Zivilgesellschaft für Frieden und Demokratie".
Mit direkter Kritik am russischen Präsidenten Wladimir Putin hielt sich die Komitee-Vorsitzende Reiss-Andersen indes zurück. Auf die Frage eines Journalisten, ob der Preis ein vergiftetes Geschenk an Putin sei, der am Freitag 70 Jahre alt wurde, sagte Reiss-Andersen, die Auszeichnung sei nicht gegen Putin gerichtet. Allerdings unterdrücke seine "autoritäre" Regierung - wie jene in Belarus - Menschenrechtsaktivisten.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dankte den Preisträgern in einer Mitteilung für deren "schwierige und mutige Arbeit". Bjaljazki sowie die Mitarbeiter von Memorial und CCL hätten "Hoffnung auf Demokratie in ihren Ländern genährt und ein Gegenmodell zu den herrschenden Strukturen aufgezeigt".
UN-Generalsekretär António Guterres erklärte, die Auszeichnung werfe ein "Schlaglicht" auf die "Macht der Zivilgesellschaft, den Frieden voranzubringen". Zivilgesellschaftliche Gruppen seien der "Sauerstoff der Demokratie" und "Katalysatoren für Frieden, sozialen Fortschritt und Wirtschaftswachstum".
Der Vorsitzende von Memorial International, Jan Ratschinski, erklärte, der Nobelpreis gebe der Organisation "moralische Kraft" in "deprimierenden Zeiten". Der Preis sei eine Unterstützung für alle russischen Menschenrechtsaktivisten, sagte er beim Verlassen eines Moskauer Gerichts, wo ein Prozess gegen Memorial läuft. Memorial-Vertreter Oleg Orlow ergänzte, er fürchte aber, der Preis werde nicht dabei helfen, den Druck auf die Organisation zu verringern.
Die Chefin der ukrainischen Menschenrechtsorganisation CCL, Oleksandra Matwijtschuk, erklärte im Onlinedienst Facebook, sie sei "hocherfreut", dass ihre Organisation gemeinsam mit den "Freunden und Partnern" von Memorial und der von Bjaljazki gegründeten Organisation Wjasna ausgezeichnet worden sei. Matwijtschuk forderte zudem, dass Putin und der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko mit weiteren "Kriegsverbrechern" vor ein "internationales Tribunal" gestellt werden.
Der belarussische Preisträger Bjaljazki ist derzeit in seiner Heimat wegen des Vorwurfs des Steuerbetrugs inhaftiert. Die Nobelkomitee-Vorsitzende Reiss-Andersen forderte die Behörden auf, den 60-Jährigen freizulassen. "Wir hoffen inständig, dass das geschehen wird und dass er nach Oslo kommen kann, um seine Ehrung entgegen zu nehmen", sagte sie.
Die Frau des belarussischen Preisträgers, Natalja Pintschuk, sagte der Nachrichtenagentur AFP, sie sei "überwältigt von ihren Gefühlen" und "dankbar". Die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja schrieb im Kurzbotschaftendienst Twitter von einer "Anerkennung für alle Belarussen, die für Freiheit und Demokratie kämpfen".
Bjaljazki gehörte 1996 zu den Mitbegründern von Wjasna (zu Deutsch: Frühling), einer der wichtigsten Nichtregierungsorganisationen in Belarus. Sie dokumentiert Menschenrechtsverletzungen und beobachtet Wahlen und spielt eine wichtige Rolle in der Demokratiebewegung im Land.
Die 1989 gegründete russische Organisation Memorial ist die älteste und wichtigste Menschenrechtsorganisation in Russland. Ende 2021 verfügte zunächst das Oberste Gericht Russlands ein Verbot von Memorial, später ordnete ein Moskauer Gericht ihre Auflösung an.
Das ebenfalls ausgezeichnete ukrainische Zentrum für bürgerliche Freiheiten (CCL) wurde 2007 gegründet. Nach Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar war es unter anderem daran beteiligt, russische Kriegsverbrechen gegen die ukrainische Zivilbevölkerung zu dokumentieren.
Die Träger des Friedensnobelpreises werden mit einer goldenen Medaille, einer Urkunde und einem Preisgeld in Höhe von zehn Millionen schwedischen Kronen (umgerechnet rund 920.000 Euro) ausgezeichnet. Die offizielle Verleihung findet am 10. Dezember in Oslo statt.
H.Silva--PC