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Grazer Amokläufer hatte psychische Probleme und spielte Ego-Shooter-Spiele
Der Amokläufer von Graz ist bei seiner Musterung durch psychische Probleme aufgefallen und hat den Ermittlern zufolge gewalttätige Computerspiele gespielt. Er sei vom Bundesheer als psychisch untauglich eingestuft worden, bestätigte ein Armeesprecher am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP. Laut dem Ermittlungsleiter hatte der 21-Jährige, der am Dienstag in seiner früheren Schule zehn Menschen erschoss, äußerst zurückgezogen gelebt und begeistert Ego-Shooter-Computerspiele gespielt.
Armee-Sprecher Michael Bauer sagte AFP, bei der Musterung sei eingehend getestet worden, wie er sich bei Gefahren und in Gemeinschaft mit anderen verhalte. Der österreichischen Nachrichtenagentur APA sagte Bauer, bei der Ausmusterung des späteren Amokläufers habe das System des Bundesheeres "funktioniert". Allerdings habe die Armee die Information nicht an andere Stellen weitergegeben, da dies laut geltender Datenschutzregelung nur nur bei einer Anfrage einer Behörde zu einem konkreten Fall möglich sei.
Der Täter hatte im März bei einer zivilen Behörde einen psychologischen Test absolviert und sich damit legal eine Pistole beschaffen können. Mit der Neun-Millimeter-Glock-Pistole und einem abgesägten Gewehr der Marke Mercury tötete der 21-Jährige am Dienstag in seiner früheren Schule, einem einem Oberstufenrealgymnasium, neun Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen 14 und 17 Jahren sowie eine Lehrerin.
Elf weitere Menschen, darunter ein Lehrer, wurden bei der Tat schwer verletzt. Der Amoklauf dauerte laut der Polizei nur sieben Minuten, eine Minute nach dem Eintreffen der ersten Polizeistreife beging der Schütze auf einer Schultoilette Suizid.
Für die Tat hatte der 21-Jährige vorab "einen minutiösen Ablaufplan" angefertigt, wie der Leiter des Landeskriminalamts Steiermark, Michael Lohnegger, bei einer Pressekonferenz in Graz sagte. Der handschriftliche Plan, der den gesamten Tatablauf "bis ins kleinste Detail" aufführe, wurde demnach bei der Hausdurchsuchung in der Wohnung des Täters gefunden. Der 21-Jährige habe "sich genau darüber informiert und Gedanken gemacht, wann er welches Stockwerk sich vornimmt".
Aus dem Dokument geht demnach außerdem hervor, dass der 21-Jährige nach eigener Einschätzung nicht genug Zeit hatte, aus einer von ihm gebauten Rohrbombe einen funktionierenden Sprengsatz zu machen.
Der Chef-Ermittler beschrieb den Schützen als "eine sehr introvertierte Person", die "extrem zurückgezogen" gelebt habe. Kontakt mit der Außenwelt habe der junge Mann, der zum Tatzeitpunkt eine Ausbildung absolvierte, vermieden.
"Lieber war es ihm, dass er sich auf den virtuellen Raum zurückgezogen hat", sagte Lohnegger. Dort habe er "seine große Leidenschaft" gepflegt, das Spielen sogenannter Ego-Shooter-Spiele - und in diesen Kreisen auch Kontakte gepflegt. Bei seinem Amoklauf trug der 21-Jährige außer einem Waffengurt mit Jagdmesser und einer Schießbrille auch ein Headset wie bei Ego-Shooter-Spielen üblich, wie Lohnegger darlegte.
Das Tatmotiv ist weiterhin unklar. Es gebe keinen Hinweis, dass der Schütze in seinem Umfeld je Ärger oder Unmut über die Schule, seine Lehrer oder Mitschüler geäußert habe, sagte Lohnegger. Der Täter hatte demnach die Schule seit der 5. Klasse besucht. Nachdem er die 6. Klasse einmal wiederholt habe, habe er die Schule vor drei Jahren abgebrochen. Die von ihm getötete Lehrerin kannte der Schütze den Angaben zufolge aus dem Unterricht. Inwieweit dies bei der Tat eine Rolle gespielt habe, sei aber unklar.
Der Grazer Staatsanwalt Arnulf Rumpold sagte bei der Pressekonferenz, nach dem Tod des Schützen konzentrierten sich die Ermittlungen auf die "Aufklärung möglicher Mitwisser- und Mittäterschaften". Ob der Schütze während seiner Tat über sein Headset Kontakt zu anderen gehabt habe oder es nur getragen habe, weil es ihm Sicherheit gegeben habe, ist laut Ermittler Lohnegger noch unklar. Deswegen werde gegen Unbekannt ermittelt.
Am Nachmittag beschäftigte sich auch Österreichs Nationaler Sicherheitsrat mit der Gewalttat. Dabei sollten die Hintergründe des Amoklaufs eingehend analysiert und Maßnahmen zur Prävention ähnlicher Taten beraten werden, wie APA berichtete. Außer Bundeskanzler Christian Stocker nahmen auch mehrere Minister an dem Treffen in Wien teil.
Die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft machte derweil Angaben zum Zustand der Verletzten. Allen Patientinnen und Patienten mit Schussverletzungen gehe es den Umständen entsprechend gut, am Donnerstag würden die letzten drei Verletzten von der Intensiv- auf die Normalstation verlegt.
Der Amoklauf hat landesweit tiefe Erschütterung ausgelöst. Die Regierung in Wien rief eine dreitägige Staatstrauer aus. Zum Abschluss stand am Donnerstagabend ein Gedenkgottesdienst im Wiener Stephansdom mit dem österreichischen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen sowie Kanzler Stocker auf dem Programm.
H.Portela--PC