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RSF-Miliz im Sudan nimmt Al-Faschir ein - Furcht vor ethnischen Säuberungen
Die Einnahme der Stadt Al-Faschir im Sudan durch die RSF-Miliz hat Warnungen vor ethnischen Säuberungen hervorgerufen. Der Vorsitzende der Afrikanischen Union (AU), Mahmoud Ali Youssouf, verurteilte am Dienstag im Onlinedienst X "mutmaßliche Kriegsverbrechen und ethnisch motivierte Morde an Zivilisten". Die sudanesische Armee warf der RSF-Miliz die Hinrichtung von mehr als 2000 unbewaffneten Zivilisten vor. Augenzeugen, die aus der Stadt geflohen waren, berichteten der Nachrichtenagentur AFP von "Szenen eines Völkermords".
Die RSF-Miliz hatte am Sonntag die Einnahme der Stadt Al-Faschir bekannt gegeben, deren Bewohner nach einer monatelangen Belagerung ohne Zugang zu humanitärer Hilfe dort festsitzen. Am Montag bestätigte Sudans Militärherrscher Fattah al-Burhan den Rückzug der Armee aus der Stadt.
Der AU-Vorsitzende Youssouf forderte die "sofortige Einstellung der Kämpfe und die Öffnung humanitärer Korridore, damit lebensrettende Hilfe die betroffenen Bevölkerung erreichen kann". Auch die EU zeigte sich "tief besorgt" über die Zunahme der Gewalt in dem ostafrikanischen Land.
Seit der Einnahme durch die RSF-Miliz am Sonntag kursieren Berichte über Gräueltaten in der Stadt. Das sudanesische Außenministerium erklärte, "die Täter selbst dokumentieren schamlos" ihre Verbrechen. Mehrere RSF-Kämpfer teilten in Onlinediensten Videos von Hinrichtungen und Misshandlungen von Zivilisten. Die RSF-Miliz erklärte daraufhin, ein Komitee einzurichten, um die Authentizität der Videos und die Vorwürfe zu überprüfen. Zugleich warf sie der Armee vor, viele der Videos "gefälscht" zu haben.
Ein am Montag veröffentlichtes Video zeigte Leichen neben ausgebrannten Fahrzeugen. Ein weiteres zeigte einen bekannten RSF-Kämpfer, der Schüsse in eine Gruppe von Zivilisten abgab. AFP identifizierte den Mann als einen berüchtigten Kämpfer, der für Videos von Hinrichtungen im Onlinedienst Tiktok bekannt ist.
Ein örtliches Widerstandskomitee erklärte, RSF-Kämpfer hätten bei ihrem Einmarsch zahlreiche Gräueltaten begangen. Seit Sonntag hätten unschuldige Zivilisten "die schlimmsten Formen von Gewalt und ethnischer Säuberung" erlitten, hieß es. Die Armee warf den RSF-Kämpfern vor, seit Sonntag mehr als 2000 Zivilisten getötet zu haben.
In den vergangenen zwei Tagen sind nach Angaben der UNO mehr als 26.000 Menschen aus Al-Faschir geflohen, die meisten zu Fuß in Richtung der etwa 70 Kilometer entfernten Stadt Tawila. Der UN-Migrationsbehörde zufolge sitzen noch etwa 177.000 Zivilisten in Al-Faschir fest.
Beobachter warnen vor einer Eskalation der Gewalt. "Wir beobachten eine Massenvernichtung von im Inneren gefangenen Menschen auf einem Niveau wie damals in Ruanda", sagte der Leiter des Humanitarian Research Lab der US-Universität Yale, Nathaniel Raymond, der Nachrichtenagentur AFP.
Bei dem Völkermord in Ruanda waren zwischen April und Juli 1994 etwa 800.000 Menschen getötet worden. Das Ausmaß der Gewalt in Darfur sei "mit nichts vergleichbar, was ich bisher gesehen habe", fügte er hinzu. Raymond dokumentiert seit 25 Jahren Kriegsverbrechen auf der ganzen Welt.
Unterdessen meldete die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften (IFRC) die Tötung von fünf sudanesischen Mitarbeitern des Roten Halbmonds in Bara im Bundesstaat Nord-Kordofan. Sie seien eindeutig als Mitarbeiter der Hilfsorganisation gekennzeichnet gewesen, erklärte die IFRC und fügte hinzu: "Jeglicher Angriff auf humanitäre Teams ist inakzeptabel."
Al-Faschir war bislang die letzte größere Stadt in der Region Darfur, die sich nicht unter der Kontrolle der RSF-Miliz befand. Die Einnahme durch die Miliz könnte einen Wendepunkt in dem seit mehr als zweieinhalb Jahren andauernden Bürgerkrieg markieren. Beobachtern zufolge ist der Sudan nun de-facto geteilt: Die RSF-Miliz kontrolliert die Region Darfur im Westen des Landes, während die sudanesische Armee in Norden, Osten und Zentrum des Landes die Kontrolle hat.
Die RSF-Miliz ist aus den Dschandschawid-Milizen hervorgegangen, denen vorgeworfen wird, bei Kämpfen gegen die sudanesische Regierung in den 2000er-Jahren einen Völkermord begangen zu haben. Damals überfielen die Milizen Dörfer und töteten hunderttausende Menschen.
Bei dem im April 2023 entbrannten Konflikt stehen sich die Armee von Militärherrscher al-Burhan und die RSF-Miliz seines früheren Stellvertreters Mohamed Hamdan Daglo gegenüber. Bei den Kämpfen wurden seit April 2023 zehntausende Menschen getötet, rund zwölf Millionen Menschen mussten aus ihren Heimatregionen in andere Landesteile fliehen. In dem ostafrikanischen Land herrscht nach Einschätzung der UNO die schwerste humanitäre Krise der Welt.
P.Queiroz--PC