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Indigenen-Vertreter und Umweltschützer enttäuscht von Ergebnis des Amazonas-Gipfels
Umweltschützer und Indigenen-Vertreter haben sich enttäuscht von den Ergebnissen des Amazonas-Gipfels im brasilianischen Belém gezeigt. "Wir hoffen, dass die ganzen Dialogbemühungen nicht nur auf leere Worte hinauslaufen", sagte die Vereinigung der indigenen Völker (Apib) am Donnerstag, der WWF sprach von einer "vertanen Chance". Trotz ehrgeiziger Ziele und Brasiliens Versprechen im Vorfeld des Gipfels konnten sich die Teilnehmer letztlich nicht auf einen konkreten Fahrplan zur Rettung des Amazonas einigen.
Neben der Apib kritisierten auch Umweltschützer die Gipfel-Teilnehmer, weil sie nicht genug für den Schutz des Amazonas getan hätten. Der World Wildlife Fund (WWF) drückte "große Besorgnis über das Fehlen eines gemeinsamen Ziels zum Stopp der Entwaldung" aus. Die Amazonas-Anrainerstaaten hätten "definitiv eine Chance vertan", sagte der Brasilien-Experte des WWF Deutschland, Roberto Maldonado, dem Sender Phoenix. In der Abschlusserklärung seien keine verbindlichen Vorgaben gemacht worden, wie die Abholzung reduziert oder ganz gestoppt werden könne.
Gastgeber Brasilien hatte nach Belém an der Mündung des Amazonas zum ersten Treffen der Organisation des Amazonas-Kooperationsvertrags (Octa) seit dem Jahr 2009 eingeladen. Das Treffen begann am Dienstag mit einer Vereinbarung der acht Octa-Länder, eine Allianz zum Kampf gegen die Abholzung und für nachhaltige Entwicklung zu gründen. Die Erklärung unterzeichneten Bolivien, Brasilien, Kolumbien, Ecuador, Guyana, Peru, Suriname und Venezuela sowie die eingeladenen Gäste Demokratische Republik Kongo, Kongo-Brazzaville, Indonesien sowie St. Vincent und die Grenadinen. Doch über die Erklärung hinaus kam es im Laufe des Gipfels weder zu konkret vereinbarten Schritten noch einem Zeitplan.
Kolumbiens erster linksgerichteter Präsident Gustavo Petro forderte eindringlich, neue Ölprojekte in der Region zu verhindern, worauf sich die Teilnehmerstaaten aber ebenfalls nicht einigen konnten - gerade Brasiliens staatliche Ölfirma will neue Quellen erschließen, ausgerechnet an der Amazonasmündung. Angesichts des dramatisch voranschreitenden Klimawandels sei die Lösung, "nicht mehr Kohle, Öl und Gas zu verbrennen".
Auch anderen Organisationen ging das Ergebnis nicht weit genug. Diese hatten eine Zusage gefordert, dass Brasilien die illegale Abholzung bis 2030 beendet sowie die Zusage Kolumbiens, keine neuen Ölbohrungen mehr vorzunehmen. "Es ist ein erster Schritt, aber es gibt keine konkreten Entscheidungen, nur eine Liste von Versprechungen", sagte Marcio Astrini, Leiter von Climate Observatory, einem Zusammenschluss von NGOs in Brasilien.
Stattdessen brachten die Gipfelteilnehmer in einer gemeinsamen Abschlusserklärung ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck, "dass die Industrieländer ihren Verpflichtungen nicht nachkommen". Dazu gehören demnach eine jährliche finanzielle Unterstützung in Höhe von 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sowie eine jährliche Klimaschutz-Finanzierung in Höhe von 100 Milliarden Dollar (rund 91 Milliarden Euro) für die Entwicklungsländer. Kritisiert wurde außerdem eine "protektionistische Handelspolitik, die als Umweltschutz getarnt ist" - ein offensichtlicher Seitenhieb auf ein neues Gesetz der Europäischen Union, das Importe verbietet, welche die Abholzung vorantreiben.
Auch Brasiliens Präsident Lula drängte die Industriestaaten zu mehr finanziellem Engagement. "Mutter Natur braucht Geld, weil die industrielle Entwicklung sie in den vergangenen 200 Jahren zerstört hat", sagte er am Mittwoch vor Journalisten.
Der sich über neun Länder erstreckende Amazonas gilt als "grüne Lunge" des Planeten. Sein Regenwald nimmt in gigantischen Mengen Kohlendioxid aus der Erdatmosphäre auf und wirkt damit der Erderwärmung entgegen. Wissenschaftler warnen jedoch, dass sich der Amazonas einem Kipp-Punkt nähert, von dem an seine Bäume absterben und das gespeicherte Kohlendioxid wieder in die Atmosphäre abgeben würde. Dies hätte katastrophale Folgen für das Erdklima. Als besten Schutz für den Amazonas sehen Experten die Ausweitung von indigenen Schutzgebieten.
Ein Fünftel des brasilianischen Regenwaldes ist bereits zerstört. Die Abholzung im Amazonasgebiet wird hauptsächlich durch Viehzucht vorangetrieben, eine große Rolle spielen aber auch Korruption, Landraub und organisierte Kriminalität - besonders der illegale Handel mit Drogen, Waffen, Gold und Holz.
Unter Präsident Lula hat Brasilien, auf dessen Staatsgebiet sich rund 60 Prozent des Amazonaswalds befinden, versprochen, die illegale Abholzung bis 2030 vollständig zu verhindern. In der ersten Hälfte seiner Amtszeit, zwischen Januar und Juni, war die Abholzung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bereits um ein Drittel zurückgegangen. Lula war mit dem Versprechen angetreten, sich für ein Ende der ungezügelten Umweltzerstörung unter seinem rechtsradikalen Vorgänger Jair Bolsonaro einzusetzen.
A.Seabra--PC