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Verbände und Patientenschützer dringen auf Entlastung für Pflegebedürftige
Vor dem Arbeitsbeginn der Bund-Länder-Kommission für eine Reform der Pflegeversicherung am Montag dringen Verbände und Patientenschützer auf eine Entlastung der Pflegebedürftigen. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte eine Deckelung der reinen Pflegekosten für die Betroffenen auf 1000 Euro monatlich. "Mutige Schritte" für die Pflege der Zukunft verlangte der Sozialverband VdK.
Ohne eine Begrenzung der Kosten "kann es niemals eine zukunftssichere und generationengerechte Pflege geben", warnte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, in den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Samstag. Brysch kritisierte Äußerungen von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU), die von der Pflegeversicherung als einer "Teilkaskoversicherung" gesprochen hatte, als "irreführend".
Bei einer Teilkaskoversicherung stünden Leistungen und Eigenanteil fest. Unkalkulierbare sprunghafte Erhöhungen von Jahr zu Jahr gebe es nicht. "Bei der Pflegeversicherung sind solche Veränderungen aber vorprogrammiert, da sie keine Deckelung vorsieht", sagte Brysch. "Es gilt, die reinen Pflegekosten auf 1000 Euro zu deckeln", verlangte er daher. Hinzu kämen die Kosten für Unterbringung, Verpflegung und überdurchschnittlichen Komfort, für die darüber hinaus weiterhin jeder selbst aufkommen solle.
Brysch forderte darüber hinaus die Bundesregierung auf, sie solle "endlich ihre Schulden bei der Pflegekasse" begleichen. Der Patientenschützer verwies auf durch die Corona-Pandemie bedingte Lasten von 5,5 Milliarden Euro für die Pflegeversicherung. Hinzu kämen jährlich anfallende Kosten von 3,5 Milliarden für Rentenversicherungsbeiträge pflegender Angehöriger, die Ausbildungsumlage von einer Milliarde Euro und der gestrichene Bundeszuschuss von einer Milliarde Euro.
Außerdem würden aktuell von den Bewohnerinnen und Bewohnern der Pflegeheime jährlich 3,8 Milliarden Euro für die medizinische Behandlungspflege in den Pflegeeinrichtungen gezahlt, dazu durchschnittlich 4,8 Milliarden Euro für Investitionskosten. "Bund und Länder plündern die Pflegeversicherung jährlich um fast 15 Milliarden Euro", warf Brysch daher der Regierung vor.
Mit Blick auf die von der Regierung geplante Reformkommission für die Sozialversicherungen äußerte Brysch jedoch die Befürchtung, dass weiterhin "ungeniert in die Kassen der Beitragszahler und Pflegebedürftigen" gegriffen werde. "Solche Taschenspielertricks zu Lasten der Schwächsten in der Gesellschaft müssen verhindert werden", forderte er.
Pflege müsse "als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begriffen und eine gerechte und flächendeckende Versorgung sichergestellt werden", verlangte VdK-Präsidentin Verena Bentele. Alle Menschen müssten unabhängig von ihrem Wohnort oder ihrer finanziellen Situation die Pflege erhalten, die sie benötigen und verdienen.
Auch der VdK forderte Bund und Ländern auf, der Pflegeversicherung Ausgaben für gesamtgesellschaftliche Aufgaben zu erstatten. Der Verband schlägt dafür die Einführung einer einheitlichen Pflegeversicherung vor, in der sich alle Bürgerinnen und Bürger versichern und in die alle Einkommensarten einbezogen werden.
"Ich erwarte von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Pflegereform konkrete, zukunftsfähige Lösungen, die die Pflegeversicherung nachhaltig sichern und den Menschen konkret helfen", betonte Bentele. "Die Sicherstellung einer gerechten Pflegeversorgung sollte als Pflichtaufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge etabliert werden, vollständig finanziert von Bund und Ländern", verlangte sie weiter.
Derzeit sei auch die Lage bei der häuslichen Pflege in Deutschland "alarmierend". Rund 86 Prozent der Pflegebedürftigen würden zu Hause versorgt, wobei Angehörige einen Großteil der Pflege übernehmen. Mehr als 50 Prozent der Pflegenden würden dabei ihre eigene Gesundheit aufgrund der hohen Anforderungen vernachlässigen, kritisierte der VdK.
Die gesetzliche Pflegeversicherung verzeichnet derzeit hohe Defizite. Der Bund will sie deshalb mit Darlehen in diesem Jahr von 0,5 Milliarden Euro und im kommenden Jahr von 1,5 Milliarden Euro stützen. Wie die Pflegekassen das Geld später zurückzahlen sollen, ist angesichts steigender Kosten allerdings unklar.
Auf die Einsetzung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe hatten sich Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag verständigt. Sie soll Grundlagen für eine Reform der Pflegeversicherung erarbeiten.
J.Pereira--PC