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Generalsanierung beginnt: Strecke Berlin-Hamburg für neun Monate gesperrt
Die Deutsche Bahn (DB) startet mit der Generalsanierung der Strecke zwischen Hamburg und Berlin, eine von Deutschlands meistbefahrenen Zugstrecken. Der Chef der Bahn-Tochter Infrago, Philipp Nagl, und Verkehrs-Staatssekretär Ulrich Lange (CSU) gaben am Freitagvormittag in Ludwigslust in Mecklenburg-Vorpommern das Startsignal. Ab den Abendstunden werden die Oberleitungen auf der Strecke abgeschaltet, neun Monate lang fahren dann keine Züge.
"Das ist ein radikaler Schritt", sagte DB-Sprecher Achim Stauß am Morgen im "Inforadio" des RBB. Der Konzern habe es sich damit "nicht leicht gemacht". Doch "die Unzuverlässigkeit der Bahn ist doch so groß, die Pünktlichkeit so schlecht in ganz Deutschland, dass wir uns entschlossen haben, die am stärksten belasteten Korridor generalzusanieren".
Das Bauvolumen auf der Strecke Berlin - Hamburg sei zu groß für alternative Lösungen, sagte Stauß weiter: "165 Kilometer Gleise werden ausgetauscht, 250 Weichen. Wir modernisieren Stellwerke und bauen sechs neue, und wir nutzen die Gelegenheit, alle 28 Bahnhöfe an der Strecke auf einen modernen Stand zu bringen." Das sei nur mit einer Vollsperrung zu schaffen. "Jetzt machen wir mal neun Monate, wo wir alle durch müssen."
In der Bauphase bis Ende April 2026 werden die Züge des Fernverkehrs umgeleitet, die Fahrzeit zwischen Hamburg und Berlin verlängert sich um durchschnittlich 45 Minuten. Der Regionalverkehr auch auf zulaufenden Bahn-Linien wird teils massiv beeinträchtigt. Vielerorts kommen Busse als Schienenersatzverkehr zum Einsatz.
Der Deutsche Bahnkunden-Verband erwartet bereits Probleme mit dem Ersatzverkehr. "Wir befürchten, dass es schon wegen der Menge der verschiedenen Linien, Bedienzeiten, Wegeführungen und Anschlussoptionen zu einem Chaos kommen wird", erklärte der Landesvorsitzende des Verbands in Berlin-Brandenburg, Bernd Breitkopf. Betroffene Landkreise und Städte bemängelten demnach, bei den konkreten Planungen nicht ausreichend involviert gewesen zu sein.
Die Grünen-Abgeordnete Paula Piechotta kritisierte fehlende Ambitionen der Bahn bei der Digitalisierung der zu sanierenden Strecke. Sie habe "ihre eigenen Digitalisierungsziele massiv zurückgeschraubt". Die DB hatte im Mai mitgeteilt, die Strecke vorerst nicht gänzlich mit dem neuen europäischen Zugleitsystem ETCS auszurüsten. Dies werde "in den frühen 2030er-Jahren erfolgen", hieß es.
Die Deutsche Bahn hatte am Donnerstag ihre Halbjahresbilanz vorgestellt. Demnach machte der Staatskonzern zwar fast eine Milliarde Euro weniger Minus, der Verlust lag aber weiterhin bei 760 Millionen Euro. Die Pünktlichkeitsquote insbesondere im Fernverkehr war weiterhin schlecht.
Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) äußerte sich am Donnerstagabend unzufrieden mit der Bilanz. Vor allem die Pünktlichkeit müsse sich "unbedingt" verbessern, sagte er in den ARD-"Tagesthemen". Schnieder kündigte "bis Ende des Sommers" eine "Gesamtstrategie" an, um den staatseigenen Konzern auf Kurs zu bringen.
Unter Druck geraten ist Bahn-Chef Richard Lutz. Verkehrs-Staatssekretär Ulrich Lange (CSU) deutete bereits einen Personalwechsel an der Spitze des Konzerns an. Er wolle nicht über einzelne Personalien spekulieren, sagte er am Donnerstag im ARD-"Morgenmagazin". Doch es werde eine "Neuaufstellung" geben. "Und dann muss natürlich die Mannschaft, der Spielführer zu dieser Neuaufstellung passen."
Lutz' Teilnahme war zunächst auch für die Auftaktveranstaltung der Generalsanierung in Ludwigslust angekündigt. Der Konzernchef wurde dann jedoch von Infrago-Chef Nagl vertreten.
G.Teles--PC