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Aufrüstung der Bundeswehr: Kabinett beschließt Pläne für schnellere Beschaffung
Die Bundesregierung drückt bei der Aufrüstung der Bundeswehr aufs Tempo. Das Kabinett beschloss am Mittwoch einen Gesetzentwurf, der Beschaffungsvorhaben der Streitkräfte vereinfachen und beschleunigen soll. Die Pläne ermöglichen insbesondere häufiger den Verzicht auf Ausschreibungen bei der Vergabe von Aufträgen. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sprach von einem "Quantensprung".
Im Gesetzentwurf wird ausdrücklich auf die Bedrohung durch Russland und einen möglichen Angriff auf Nato-Länder verwiesen. Komplexe Beschaffungs- und Genehmigungsverfahren dürften deshalb die Aufrüstung der Bundeswehr nicht bremsen. "Entscheidend ist der Faktor Zeit."
Gelten sollen die Sonderregelungen zur Beschaffungsbeschleunigung vorerst bis Ende 2035. Mit ihnen würden "künftig Direktvergaben von Aufträgen" an einzelne Firmen ohne Ausschreibung "schneller und häufiger möglich", sagte Pistorius. Dies gelte etwa, wenn gemeinsam mit Partnerländern Waffensysteme beschafft würden.
Angehoben werden Wertgrenzen, bis zu denen Aufträge ohne förmliche Ausschreibung direkt an Firmen vergeben werden können. Dies gilt bisher nur bis 15.000 Euro.
Laut Pistorius soll die Schwelle nun für alle Aufträge, "die unsere Verteidigungsfähigkeit stärken", auf 443.000 Euro angehoben werden. Damit könnten fast 8000 Aufträge schneller bearbeitet werden, sagte der Minister. Bei Bauaufträgen solle die Schwelle auf eine Million Euro erhöht werden. Dies betreffe 4000 Aufträge.
Pistorius räumte ein, der Verzicht auf übliche Ausschreibungsverfahren werde "die ein oder andere Zumutung" für Firmen aus der Branche bedeuten, wenn es um die Möglichkeit von Klagen gegen Vergabeverfahren gehe. "Da wird der ein oder andere sich dann vielleicht auch mal zurücknehmen müssen im Interesse des großen Ganzen."
Um wirksame Abschreckung zu gewährleisten, brauche die Bundeswehr mehr und schneller Rüstungsgüter, betonte Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU). "Wir müssen technologisch und industriell stärker werden als potentielle Angreifer." Reiche verwies darauf, dass die Regeln zur beschleunigten Beschaffung sich nicht nur auf Waffensysteme beziehen, sondern auch für zivile Güter und Dienstleistungen wie Sanitätsausrüstung und den Bau von Kasernen.
Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe warnte aber vor Nachteilen für kleine und mittlere Firmen durch die Sonderregeln. "Der Mittelstand darf dabei nicht unter die Räder geraten", erklärte Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa. Der Verband fordert insbesondere, die sogenannte Losvergabe beizubehalten - also die Möglichkeit der Vergabe von Teilaufträgen bei größeren Bauvorhaben an unterschiedliche Anbieter.
Erleichtern will die Bundesregierung die Zusammenarbeit mit Start-ups, die innovative Verteidigungstechnik entwickeln. An diese jungen Unternehmen könnten künftig "in viel größerem Umfang" Vorauszahlungen für Aufträge geleistet werden, sagte Pistorius. Denn ihnen fehlten häufig die finanziellen Möglichkeiten, "um schnell die Produktion hochfahren zu können".
Der Digitalverband Bitkom begrüßte das Gesetz. Es läute "den dringend nötigen Richtungswechsel in der Beschaffungspolitik des Militärs" ein, erklärte Verbandspräsident Ralf Wintergerst. Denn Verteidigungsfähigkeit werde "heute mindestens so sehr durch digitale Technologien und Software definiert wie durch Fregatten und schweres Gerät".
Militärische Flugplätze sollen nach den Regierungsplänen einfacher gebaut oder ausgebaut werden können. Bei ihnen fallen über eine Änderung des Luftverkehrsgesetzes langwierige Planfeststellungsverfahren weg. Zudem soll künftig der Bau etwa von Industrieanalgen oder sonstigen Bauwerken untersagt werden, wenn sie den Betrieb von Luftverteidigungsanlagen stören können.
Die Grünen kritisierten die Pläne der Bundesregierung als unzureichend. Wer wirklich mehr Schnelligkeit wolle, müsse Produktionskapazitäten erhöhen und Probleme in der Lieferkette lösen, sagte Grünen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger der "Rheinischen Post" (Donnerstagausgabe). Das lasse sich beispielsweise über mehr gemeinsame europäische Beschaffungsprojekte erreichen. Hier passiere aber "nach wie vor viel zu wenig".
Die Linkspartei warf der Koalition vor, "Kriegsvorbereitung" mit dem Gesetz "Vorrang" zu geben. "Denn es setzt Standards von Auftragsvergaben außer Kraft", erklärte der Abgeordnete Ulrich Thoden. Auch Anforderung an klimafreundliche Leistungen würden für Rüstungsbeschaffungen nicht gelten. Wie die Grünen-Politikerin Brugger kritisierte Thoden auch eine Einschränkung parlamentarischer Kontrollrechte im Verteidigungsbereich.
A.Aguiar--PC