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BGH: Off-Label-Einsatz von Medikament als Zwangsmaßnahme nur in engen Grenzen
Der sogenannte Off-Label-Einsatz eines grundsätzlich zugelassenen Medikaments im Rahmen einer ärztlichen Zwangsmaßnahme ist nur unter eng definierten Voraussetzungen zulässig. Arzt und Betreuer können zusammen gegen den Willen der Betroffenen entscheiden - aber nur, wenn es eine medizinisch-wissenschaftliche Übereinstimmung gibt, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Montag erklärte. Es ging um den Fall einer Frau mit einer wahnhaften Störung. (Az. XII ZB 361/24)
Sie hat eine Betreuerin. Rechtlich betreut werden Menschen, die wegen Krankheit oder Behinderung nicht alles selbst entscheiden können. Wenn sie dringend medizinisch behandelt werden müssen, aber nicht einwilligen, können sie zwangsweise behandelt werden. Dafür gelten allerdings hohe Hürden.
Zwangsbehandelt werden dürfen Menschen nur dann, wenn die Behandlung unbedingt notwendig ist, weil sonst ein ernster gesundheitlicher Schaden droht, und wenn der Nutzen das Risiko überwiegt. Außerdem muss zuvor versucht werden, die Betroffenen zu überzeugen.
Am BGH ging es nun nicht um die Zwangsbehandlung an sich, sondern um den Einsatz eines Medikaments in anderer Form als bislang in der Zulassung vorgesehen, was off-label genannt wird. Der Frau sollte ein Medikament verabreicht werden, das unter anderem gegen Psychosen wirkt. Das Amtsgericht Berlin-Wedding genehmigte die Zwangsbehandlung im Juni 2024 und erlaubte zunächst auch, dass das Mittel in den Muskel gespritzt werden dürfe, wenn die Patientin es nicht einnehmen wolle.
Dagegen legte die Frau Beschwerde beim Berliner Landgericht ein. Dieses änderte die Entscheidung des Amtsgerichts im Juli ab. Es genehmigte die Injektion in den Muskel nicht. Der Verfahrenspfleger wandte sich mit einer Rechtsbeschwerde an den BGH, der nun aber die Entscheidung des Landgerichts bestätigte.
Wenn der Arzt und der für den Betroffenen handelnde Betreuer es gemeinsam entscheiden, kann ein Arzneimittel demnach off-label eingesetzt werden. Wenn sie gegen den Willen des Betroffenen so entscheiden, muss das aber auf einer medizinisch-wissenschaftlichen Grundlage geschehen. Diese könne sich etwa aus Empfehlungen nationaler und internationaler medizinischer Fachgesellschaften ergeben, wie der BGH ausführte. Dabei müssten die Leitlinien der führenden medizinischen Gesellschaften beachtet werden.
A.Motta--PC